Bitcoin vor Gericht
Ausgangslage
Ein französisches Gericht wird entscheiden müssen: Was ist Bitcoin? Aufgekommen ist diese Fragestellung als eine französische Bank kurzerhand das europäische Konto des bekannten Bitcoin-Handelsplatzes MtGox gesperrt hatte.
Die Bank wurde offenbar bereits vor der Eröffnung des Kontos ausdrücklich von den zukünftigen Geschäften mit Bitcoin informiert. Trotzdem argumentierte die Bank plötzlich, Bitcoin sei eine Form von "elektronischem Geld" und der Handel damit sei illegal, weil keine Banklizenz des Kontoinhabers vorläge. (Kontoinhaber ist die Firma SAS Maracaja, die für MtGox den europäischen SEPA-Zahlungsverkehr abwickelt)
Klage
Einer ersten Klage gegen die Bank in einem Schnellverfahren wurde stattgegeben und das Konto wieder eröffnet. Das Gericht meinte dazu, es sei nicht die Aufgabe der Bank, über die Gesetzmäßigkeit der Geschäfte von Kontoinhabern zu urteilen.
Die Bank hat gegen das Urteil Berufung eingelegt und MtGox damit gedroht, das Konto wieder zu schließen, was sie schließlich auch tat. In ihrer Berufung argumentiert die Bank mit der Wendung, bei Bitcoin handle es sich um "elektronisches Geld" - schließlich wäre das auch überall im Internet zu lesen.
Doch "elektronisches Geld" ist ein genau gefaßter Begriff in der französischen Rechtsprechung. Dort wird mit elektronischem Geld etwas bezeichnet, was zu einem festen Wechselkurs gegen staatliches Papiergeld eingetauscht wird, um es digital verfügbar zu machen. Es handelt sich dabei insbesondere um eine Form von Schulden, die jederzeit von der Ausgabestelle in Papiergeld zurückgetauscht werden muß.
Bitcoin ist kein "elektronisches Geld"
Doch keiner dieser Punkte trifft auf Bitcoin zu, da es genau entgegen dieser Annahmen konzipiert wurde: Es gibt keine zentrale Ausgabestelle, sein Wert wird frei durch Angebot und Nachfrage ermittelt (d.h. insbesondere keine festen Wechselkurse) und es besteht schon gar keine Austauschverpflichtung mit ungedecktem Papiergeld irgendwelcher Staaten. Bitcoin wurde mit großer Voraussicht geschaffen, um Austausch zu ermöglichen gerade ohne die Verquickung mit den beliebig inflationierbaren Staatswährungen.
Das Verfahren wurde von dem ursprünglichen Schnellgericht an ein normales Zivilgericht weitergegeben, da die Klärung vermutlich längere Zeit beanspruchen wird. Beginn ist am 13. September.
Bitcoin vs. Staatsgelddenken
Das ist die weltweit erste Konfrontation von Bitcoin mit einem Staat und es wird interessant mitzuverfolgen, wie dieser Fall behandelt wird. Auf tieferer Ebene geht es hier nämlich um die Frage, was Geld eigentlich wirklich ist: Handelt es sich dabei um etwas, das einen eigenen, innenwohnenden Wert hat (so wie Edelmetalle als Wertspeicher oder Bitcoin als elektronisches Austauschmedium) oder zählt stattdessen die staatliche "Vorgabe", was Geld ist, nämlich ein wertloses Stück Papier, auf dem "Geld" steht?
Vielleicht werden im Lauf des Verfahrens sogar interessante Details und Fragen aufgeworfen, die eine bessere und tiefere Klärung erforderlich machen, was Geld wirklich ist. Wie immer ist hier im Vorteil, wer selbständig denken kann. Wie schon an anderer Stelle möchte ich hier nochmal auf die Seite radio-reschke.de hinweisen, die dieser Geldfrage in aller Tiefe nachgeht und wichtige Impulse zur Klärung bereitstellt.
Neues Denken und neue Gesetze
Eigentlich sind weltweit die Gesetze nicht vorbereitet auf das neue dezentrale und den Einzelnen ermächtigende Denken hinter Bitcoin und müssen geändert werden. Nur in Japan ist man offenbar schon ein wenig weiter. Dort hat MtGox seinen Sitz und steht nach eigenen Angaben in Kontakt mit der dortigen Finanzaufsichtsbehörde und dem Finanzministerium, welche Gesetzesänderungen für Bitcoin vorbereiten. Wie sich die Situation in Frankreich und damit sehr wahrscheinlich bald in Europa ändert, bleibt abzuwarten.
Für Bitcoin und seine Tauschhandelsplätze wäre es sogar nachteilig, wenn es vom System als "Geld" anerkannt würde, da allen Bitcoinstellen dann massive Regulationen verbunden mit hohen Kosten auferlegt würden. Bitcoins haben aber viel mehr Ähnlichkeit mit einzigartigen, digitalen Sammelobjekten, die durch Ihre Limitierung und Unfälschbarkeit selten und damit wertvoll sind. Entsprechend ist ein Anschluß an das Falschgeldsystem nur sehr schwer und höchstens über sehr verworrene bürokratische Wendungen möglich. Andererseits müßte dann aber im Gegenzug eine Anerkennung als Alternativwährung (als Ersatz für Tauschhandel) erfolgen - etwas, was der eingebauten Logik des Monopol- und Machtstrebens hinter dem Geldsystem grundsätzlich zuwider läuft. Diese Zwickmühle des Staates bei genauerem Nachfragen macht die Auseinandersetzung so interessant.
Links:
- Bitcoin Forum - https://bitcointalk.org/index.php?topic=41317.0
- MtGox - https://mtgox.com
- Blogdial: "Precursors to Bitcoin legislation emerge" - Ausführlicher Artikel über Staatsdenken vs. Bitcoin (engl.) - http://blogdial.wordpress.com/2011/09/02/precursors-to-bitcoin-legislation-emerge/
- Was ist Geld? Logik hinter Staatsdenken und Geldsystem - http://radio-reschke.de/
Kommentare
Du schreibst von einem
Du schreibst von einem "innenwohnenden Wert". Ich bezweifle im höchsten Masse, dass dies bei Gold oder bei den Bitcoins der Fall ist. Der Wert wird durch das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage generiert. Nehmen wir an: Die Nachfrage nach Bitcoins ist gleich Null, dann wird auch der Wert der Bitcoins Null sein.
Wert und Preis
Ich könnte sehr viel darüber schreiben.
Gegenfrage: Was hat für Sie überhaupt einen Wert? (Das meine ich nicht sarkastisch sondern direkt.)
Kurz: Mit Wert meine ich eine für jeden selbst (subjektiv) wahrnehmbare Qualität.
Preis ist nur ein objektiv beobachtbarer Meßwert.
Wenn man auf diese Weise genauer unterscheidet, ist natürlich die zugrundegelegte Annahme Wert = Preis falsch.
Das wird noch klarer mit Fragen wie: Hat alles Wertvolle einen Preis? Hat alles mit einem Preis einen Wert?
Bitcoin hat keinen
Bitcoin hat keinen innenliegenden Wert. Das sind im besten Fall bloß kryptografisch signierte Zahlen. Der Wert kommt erst dadurch zustande, dass ihm genügend Leute einen Wert beimessen. Das ist bei Gold, Silber und Diamanten nicht anders. Der Wert von Bitcoins (Zahlen auf einem Rechner!) wird also erst größer Null, wenn jemand bereit ist dafür zu zahlen. Mit echtem Geld. Also einer Währung, deren Verwendung staatlich garantiert ist.
Das Wert nicht identisch mit Preis ist, ist trivial. Der Wert eines Objekts hängt immer vom Betrachter ab. Ehrlich gesagt, frag ich mich wirklich, was du mit deinem Artikel sagen möchtest. Bitcoin ist ein Tauschmittel ohne eigenen Wert. Genauso wie Geld. Der Umfang von existierenden Bitcoins wird von Dritten gesteuert. Wie bei Geld. Bitcoins kann man in andere Währungen umtauschen (wo der eigentliche Wert von Bitcoins erst ensteht). Genauso wie bei Geld. Und du argumentierst, Bitcoin wäre kein Geld "Weil -äh- ja .. das ist alles total anders!". Ja, sehr überzeugend.
Und warum sollten nun genau Bitcoin-freundliche Gesetze aus den Behörden sprudeln? Weil die Behörden und Minister ein Interesse am Wohlergehen von Bitcoin haben? Wohl kaum. Es ist wahrscheinlicher, dass der ganze Kram verboten wird und damit Bitcoins drastisch an Wert verlieren werden (s.o.). Meine 2 Cent (nicht Bitcoins) dazu.
Re: Wert von Bitcoin
Lieber mutiger anonymer Kommentator,
ich habe hier in einem Artikel darüber geschrieben: Wert und Preis von Bitcoins
Offensichtlich ist der Unterschied zwischen Wert und Preis nicht trivial.
Eine ernstgemeinte Frage: Was genau ist bei ihrem sog. "echten Geld" denn echt? Und wie konnten Sie sich auf eine Seite über alternative Geldformen verirren, wenn Ihr echtes Geld so echt und problemlos ist?
Sie haben es instinktiv richtig erkannt: Die Behörden und der Staat müssen gegen Bitcoin sein, weil er ihre illegitime Grundlage (das ungedeckte Papiergeldsystem) infrage stellt und aufdeckt. Bitcoin ist unbestechlich, integer, im besten Sinne demokratisch und auf den einzelnen und seine Unabhängigkeit ausgerichtet, während ungedecktes Staatsgeld riesige Probleme aufwirft, Wohlstand zerstört und ausschließlich den Interessen der "Eliten", Banken und ihre Politatrappen dient.
Ich lade auf go-bitcoin.com zu einem Perspektivwechsel ein - zu einer neuen Sicht darauf, was Geld überhaupt ist. Wenn Sie dazu nicht bereit sind, dann ist klar, daß Ihnen alles, was ich schreibe wie Unsinn oder wie ein Affront erscheint. Aber ihre Hausaufgaben kann ich nicht für Sie machen. Jeder muß hier selbst denken. Ob Sie dem Bitcoin-System zustimmen oder es ablehnen ist mir nicht wichtig. Mir ist nur wichtig, daß diese Haltung auf eigenem Verständnis basiert. Ich schreibe diese Seite, damit sich jeder sein eigenes Bild machen kann, statt auf die dümmlichen, voreingenommenen Veröffentlichungen in den Mainstream-Medien angewiesen zu sein, die nur als Deckmantel des herrschenden Falschgeldsystems und des damit verbundenen Kontrollwahns fungieren.
Fed gesponserten Geldvorstellung
"Nehmen wir an: Die Nachfrage nach Bitcoins ist gleich Null, dann wird auch der Wert der Bitcoins Null sein."
Ist es bei Gold, Euro oder dem Dollar anders? Du scheinst immer noch mächtig von der Fed gesponserten Geldvorstellung dogmatisiert zu sein.
aber wo ist denn hier der
aber wo ist denn hier der Fehler? auch der Wert "NULL" wohnt dem Bitcoin, dem Haus oder dem Barren Gold inne, sobald sich keiner mehr dafür interessiert. Das das Wahrscheinlich (oder eben nicht!) ist steht auf einem ganz anderen Blatt
Ich schreibe diese Seite,
Ich schreibe diese Seite, damit sich jeder sein eigenes Bild machen kann, statt auf die dümmlichen, voreingenommenen Veröffentlichungen in den Mainstream-Medien angewiesen zu sein
Ahja, und wie sieht das mit dümmlichen, voreingenommenen Veröffentlichungen in privaten Blogs aus? Wer warnt davor? O_o
Spaß beiseite - bei dem ganzen Aufwand den du hier treibst muss ich mich fragen, warum du das tust. Was ist deine Motivation? Die plausibelste Erklärung ist dabei ein wirtschaftliches Interesse deinerseits. Wohl Bitcoins zu teuer gekauft und jetzt drauf sitzengeblieben (im Sinne von: Verlust gemacht)? Da kann ein bisschen Werbung natürlich nicht schaden... Naja, ich bin jedenfalls ganz froh, dass mein Geld bei der ach-so-bösen Bank ist. Da ist es unwahrscheinlich, dass ein Trojaner mir meine ganze Kohle klauen kann (wie bei Bitcoins). Auch ist ein krasser Wertverfall (+- Faktor 3) innerhalb kürzester Zeit ausgeschlossen - im Gegensazu zu Bitcoins. Auch kann ich meine ungedeckte Papiergeldwährung gleich am nächsten Dönerladen benutzen. Im Gegensatz zu Bitcoins.
Und wo jetzt Bitcoins unbestechlich, integer und demokratisch sein sollen, erschließt sich mir nicht. Das sind alles Eigenschaften, die im besten Fall eine Person haben kann. Ein unbelebter Gegenstand nicht. Hast du dazu auch einen informativen Artikel geschrieben?
Warnung
Ich habe schon in einem früheren Kommentar darauf hingewiesen, daß ich hier auf meiner Seite nur sachliche Kommentare akzeptiere, die selbstverständlich auch anderer Ansicht sein können.
Diesen Un-Stil von Ihnen dulde ich nicht! Unsachlichkeit, haltlose Behauptungen, ideologische Keiferei oder persönliche Angriffe unterbinde ich hier - mit der Löschfunktion.
Aktueller Stand ?
Wird das Verfahren hier weiter verfolgt? Gibt es schon irgendwelche Ergebnisse?
Da im Beitrag steht "Das ist die weltweit erste Konfrontation von Bitcoin mit einem Staat" finde ich den Ausgang des Verfahrens schon sehr spannend, und ich würde mich freuen, hier mehr darüber lesen zu können.